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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: 6 K 3177/03
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 227 | |
AO § 233a |
HESSISCHES FINANZGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Geschäftsnummer: 6 K 3177/03
In dem Rechtsstreit
wegen Erlass von Zinsen zur Umsatzsteuer 1995-1998
hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 9. September 2008 unter Mitwirkung
des Richters am Hessischen Finanzgericht als Vorsitzender des Richters am Hessischen Finanzgericht die Richterin sowie und als ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 21.03.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2003 verpflichtet, den Erlassantrag des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten je zur Hälfte auferlegt.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt -FA-) verpflichtet ist, gegenüber der Klägerin festgesetzte Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 bis 1998 in vollem Umfang wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.
Die Klägerin hatte zunächst für das Jahr 1995 am 19.06.1997 beim FA eine Umsatzsteuererklärung eingereicht, die zur Festsetzung von Umsatzsteuer in Höhe von DM und von Zinsen zur Umsatzsteuer von DM geführt hatte.
Nachdem anlässlich einer Betriebsprüfung bei der beim Finanzamt A geführten Fa. B festgestellt worden war, dass die der Klägerin zuzurechnenden Umsätze fehlerhaft von B als eigene Umsätze gegenüber dem Finanzamt A erklärt worden waren, reichte B am 07.03.2000 beim Finanzamt A berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1995 und 1996 und am 01.09.2000 berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1997 und 1998 ein.
Das FA A stimmte den Erklärungen am 18.09.2000 zu und gab die Zustimmung gegenüber der B am 29.09.2000 (für 1996), am 09.10.2000 (für 1995 und 1997) bzw. am 17.10.2000 (für 1998) bekannt und setzte Erstattungszinsen fest. Die Zustimmungen führten zu Umsatzsteuererstattungen in Höhe von DM und Erstattungszinsen in Höhe von insgesamt DM, die sich wie folgt aufgliedern:
Jahr | Umsatzsteuererstattungsbetrag | Zinsbetrag. |
1995 | ||
1996 | ||
1997 | ||
1998 |
Bereits am 09.03.2000 hatte der Betriebsprüfer des für Großbetriebsprüfungen zuständigen Finanzamts C das beklagte Finanzamt fernmündlich über den Sachverhalt unterrichtet und darum gebeten, den kassentechnischen Transfer mit dem VTB bzw. der Finanzkasse des beklagten Finanzamts zu besprechen, um zu verhindern, dass Erstattungen vorgenommen werden, denen keine zeitgleichen Erfassungen gegenüberstehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird insoweit auf die Gesprächsnotiz vom 09.03.2000 (Bl. 72 des Sonderbandes Erlassvorgänge) Bezug genommen.
Das FA setzte daraufhin am 15.03.2000 für das Steuerkonto der Klägerin eine sogenannte Erstattungssperre, die dazu führte, dass der Klägerin aufgrund der Voranmeldungen ab Mai 2000 zustehende Erstattungsbeträge (für Mai bis Oktober 2000: DM) in der Folgezeit zunächst nicht ausgezahlt wurden (vgl. Bl. 96 des Sonderbandes Erlassvorgänge).
Zusammen mit den berichtigten Umsatzsteuererklärungen der B für 1997 und 1998 hatte deren Bevollmächtigter einen Schriftsatz vom 29.08.2000 (Bl. 3 ff. des Sonderbandes Erlassvorgänge) mit dem Betreff: "Umsatzsteuererklärungen für die Kalenderjahre 1997 und 1998" beim Finanzamt A eingereicht, in dem unter 3. ausgeführt wird:
"In der Anlage zu diesem Schreiben finden Sie die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1997 und 1998, die den o.g. Sachverhalt berücksichtigen.
Der aus den berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen resultierende Erstattungsanspruch wurde von B an die Klägerin abgetreten. Eine diesbezügliche Abtretungsanzeige wird Ihnen in den nächsten Tagen zugehen.
Bei der Klägerin findet zurzeit eine Betriebsprüfung statt, die ebenfalls die Umsatzsteuer zum Gegenstand hat. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung werden die korrespondierenden Änderungen durchgeführt. Daraus wird sich ein entsprechender Mehrbetrag an Umsatzsteuern ergeben.
Um eventuelle Nachteile zu vermeiden, die aus der Umsatzsteuerzahlungsschuld gegenüber dem Finanzamt entstehen können, möchten wir Sie um eine zügige Bearbeitung des Vorgangs und Überweisung des Geldbetrages bitten.
Um den Zahlungsweg abzukürzen, kann der Erstattungsbetrag direkt an das für die Klägerin zuständige Finanzamt überwiesen werden (Finanzamt , Steuernummer: )." Am 10.10.2000 reichte B beim Finanzamt A eine Abtretungsanzeige ein, mit der die Ansprüche des Umsatzsteuerüberschusses 1997/1998 in voller Höhe zum "Umsatzsteuerlastausgleich" an die Klägerin abgetreten wurden und die Verrechnung mit deren Steuerschulden beim beklagten FA , Steuernummer beantragt wurde (Bl. 90 f. des Sonderbandes Erlassvorgänge). Zeitgleich wurde dem beklagten FA eine Kopie übersandt.
Das FA A übersandte dem beklagten FA daraufhin am 26.10.2000 eine Kurzmitteilung (Bl. 95 des Sonderbandes Erlassvorgänge), worin u.a. ausgeführt wird:
"Dem Finanzamt A stehen unter der o.g. Steuernummer folgende Guthaben zur Verfügung, die an Sie überwiesen werden sollen." Nach einer Aufstellung der Umsatzsteuer- und Zinsbeträge für die Jahre 1995 bis 1998 in Höhe von insgesamt DM Umsatzsteuer und DM Zinsen fragt das FA A an, ob entsprechende berichtigte Umsatzsteuer-Erklärungen für 1995 bis 1998 der Klägerin und daraus resultierende Sollstellungen vorlägen.
Das beklagte FA teilte dem FA A daraufhin mit, dass noch keine berichtigten Erklärungen vorlägen.
Am 13.12.2000 reichte B schließlich beim Finanzamt A eine Abtretungsanzeige ein, mit der die Ansprüche des Umsatzsteuerüberschusses 1995/1996 in voller Höhe von DM zum "Umsatzsteuerlastausgleich" an die Klägerin abgetreten wurden und die Verrechnung mit deren Steuerschulden beim beklagten FA , Steuernummer beantragt wurde (Bl. 90 f. des Sonderbandes Erlassvorgänge). Zeitgleich wurde dem beklagte FA eine Kopie übersandt.
Am 17.01.2001 reichte die Klägerin beim FA für das Jahr 1995 eine berichtigte Erklärung und für die Jahre 1996 bis 1998 erstmalige Umsatzsteuererklärungen ein, die zur Festsetzung von Umsatzsteuer in folgenden Höhe führten: Jahr festgesetzte Umsatzsteuer Unterschiedsbetrag
1995
1996
1997
1998
Summen:
Das FA setzte daraufhin gegenüber der Klägerin Nachzahlungszinsen in Höhe von fest, die sich wie folgt aufgliedern:
Jahr | Bescheiddatum | Betrag |
1995 | 31.08.2001 | (Erhöhung der Zinsen um) |
1996 | 01.02.2001 | |
1997 | 01.02.2001 | |
1998 | 01.02.2001 |
Im Ergebnis überstiegen damit die gegenüber der Klägerin festgesetzten Nachzahlungszinsen die gegenüber der B festgesetzten Erstattungszinsen um insgesamt DM. Hiervon entfiel jedoch ein Teil auf einen Vorsteuerüberschuss der B, der nicht im Zusammenhang mit den bei der Klägerin nacherklär- ten und der B nicht mehr zuzurechnenden Umsätzen steht. Die aufgrund der neuen Zuordnung der Umsätze gegenüber der Klägerin festgesetzten Nachzahlungszinsen überstiegen deshalb die gegenüber B festgesetzten Erstattungszinsen um insgesamt . Wegen der Berechnung wird auf Bl. 112 des Sonderbandes Erlassvorgänge Bezug genommen.
Die abgetretenen Beträge wurden am 16.02.2001 vom FA A an das beklagte FA überwiesen und am 26.02.2001 mit Wertstellung vom 09.10.2000 bzw. 17.10.2000 beim Finanzamt verbucht und mit den Rückständen der Klägerin verrechnet. Der verbleibende Betrag in Höhe wurde am 29.03.2001 an die Klägerin ausgezahlt.
Mit Schreiben vom 09.04.2001 (Bl. 103 ff., 112 des Sonderbandes Erlassvorgänge) beantragte die Klägerin die anderweitige Festsetzung der Zinsen, hilfsweise einen Erlass gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) in Höhe von zunächst DM.
Nach Abstimmung von Differenzen reduzierte sie ihren Antrag mit Schreiben vom 31.05.2001 (Bl. 111 ff. des Sonderbandes Erlassvorgänge) auf den Betrag von DM, der sich wie folgt zusammensetzt:
Zinsen für 1995 in Höhe von DM,
Zinsen für 1996 in Höhe von DM,
Zinsen für 1997 in Höhe von DM,
Zinsen für 1998 in Höhe von DM.
Das FA erließ daraufhin mit Verfügung vom 21.03.2002 (Bl. 160 ff. des Sonderbandes Erlassvorgänge) Zinsen in Höhe von insgesamt EUR (= DM), die sich wie folgt zusammensetzen:
Zinsen für 1995 in Höhe von
Zinsen für 1996 in Höhe von
Zinsen für 1997 in Höhe von
Zinsen für 1998 in Höhe von
Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, dass die Zinsbeträge zu erlassen seien, die den Zeitraum nach Eingang einer freiwilligen Zahlung betreffen. Der freiwilligen Zahlung werde der Eingang der Abtretungsanzeigen gleichgestellt. Für eine Vorverlagerung dieses Zeitpunktes bestehe mangels einer von B erteilten Zahlungsanweisung keine Veranlassung.
Bei der Berechnung der zu erlassenden Zinsbeträge sollten freiwillige Leistungen, die höher als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag waren, nur in Höhe des zu verzinsenden Unterschiedsbetrages berücksichtigt werden (Bl. 161 des Sonderbandes Erlassvorgänge).
Obwohl mit der am 10.10.2000 beim FA eingegangenen Abtretungsanzeige der Umsatzsteuerüberschuss für die Kalenderjahre 1997 und 1998 von der B in voller Höhe abgetreten worden war ( Umsatzsteuer 1997 und DM Zinsen; DM Umsatzsteuer 1998 und DM Zinsen), berücksichtigte das FA die abgetretenen Beträge nur bis zur Höhe der für die Jahre 1997 und 1998 bei der Klägerin zu verzinsenden Unterschiedsbeträge und erließ insoweit die Zinsen antragsgemäß (Bl. 161 des Sonderbandes Erlassvorgänge).
Die diese Unterschiedsbeträge überschießenden abgetretenen Beträge (ohne Zinsen: DM; mit Zinsen: DM) ließ das FA bei der Ermittlung der zu erlassenden Beträge unberücksichtigt.
Die Klägerin hat gegen die teilweise Ablehnung des Erlasses Einspruch eingelegt.
Wegen der Begründung wird auf das Einspruchsschreiben vom 21.01.2003 (Bl. 176 ff. des Sonderbandes Erlassvorgänge) Bezug genommen.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.07.2003 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte es aus, entscheidungserheblich sei nicht, dass dem Fiskus kein Liquiditätsnachteil entstanden sei, sondern es reiche aus, dass die Klägerin einen Liquiditätsvorteil gehabt habe. Einen solchen habe die Klägerin bis zum Eingang der Abtretungsanzeigen gehabt, da sie bis dahin weiterhin über ihr Kapital habe verfügen können. Es sei für die Verzinsung sowohl unerheblich, aus welchen Gründen die Steuererklärungen der Klägerin erst im Januar 2001 beim FA eingereicht worden sind als auch, dass dies mit dem Betriebsprüfer abgesprochen worden war.
Der Mitteilung des Bevollmächtigten der B im Schreiben vom 29.08.2000, dass die Erstattungsansprüche der B an die Klägerin abgetreten worden seien käme keine entscheidende Bedeutung zu, da die Abtretung gemäß § 46 Abs. 2 AO erst mit Eingang einer ordnungsgemäßen Abtretungsanzeige im Sinne des Abs. 3 Wirkung entfalte. Die in diesem Schreiben enthaltene Aussage "Um den Zahlungsweg abzukürzen, kann der Erstattungsbetrag direkt an das für Klägerin zuständige Finanzamt überwiesen werden", könne nicht als Zahlungsanweisung zur Verrechnung angesehen werden, da andernfalls die in dem Schreiben enthaltene Ankündigung des Zugangs einer Abtretungserklärung und die spätere Einreichung der Abtretungserklärungen entbehrlich gewesen wären. Aus welchen Gründen das FA A der B die Erstattungsansprüche nicht zeitnah ausgezahlt habe, sei unerheblich, da es zur Beurteilung einer sachlichen Unbilligkeit allein auf die Liquiditätslage der Klägerin ankomme.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtschutzbegehren mit den folgenden Begründungen weiter:
1. Das FA habe bei seinen Entscheidungen zu Unrecht die Gründe für die unterschiedlichen Zeitpunkte der Abgabe der Steuererklärungen der B und der Klägerin als unbeachtlich angesehen. Die zeitliche Verschiebung sei wegen der komplexen Materie nahezu unvermeidlich gewesen, zumal zunächst die berichtigten Steuererklärungen der B hätten eingereicht werden müssen. So habe man sich auch mit der mit der Betriebsprüfung bei der Klägerin beauftragten Prüferin verständigt, dass die Abgabe der Umsatzsteuererklärungen bis zum Abschluss der Betriebsprüfung erfolgen könne. Wäre sich die Klägerin des Umstandes bewusst gewesen, dass ihr hierdurch erhebliche Zinsnachteile entstehen, hätte sie selbstverständlich anders disponiert.
2. Zugunsten der Klägerin sei weiterhin der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten. Der BFH habe in seinem Urteil vom 15.03.1995 - I R 56/93 - (BStBl II 1995, 490) entschieden, dass im Falle einer freiwilligen Leistung des Steuerpflichtigen vor Erlass des Steuerbescheides die Grundlage für eine Festsetzung von Zinsen fehle, wenn - wie im Streitfall - durch die Zahlung oder Aufrechnung die festgesetzte Steuerschuld insgesamt erfüllt worden sei.
Im Vertrauen auf diese Rechtsprechung habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass durch eine vor Erlass der Steuerbescheide erfolgte und dem FA angezeigte Abtretung keine Nachzahlungszinsen anfielen.
Erst mit Urteil vom 06.11.2002 - V R 75/01- (BStBl II 2003, 115) habe der BFH seine Rechtsprechung geändert, sodass die Klägerin im Rahmen ihrer Dispositionen im Jahr 2000 auf den Fortbestand der o.g. Rechtsprechungsgrundsätze habe vertrauen dürfen.
3. Die Entscheidung des FA verkenne den Zweck des § 233a AO. Gerade zur Herstellung der durch § 227 AO gebotenen Einzelfallgerechtigkeit könne keine isolierte Betrachtung der Liquiditätslage der Klägerin erfolgen. Denn die von der Klägerin erbrachten Umsätze seien - wenn auch versehentlich als Umsätze eines anderen Steuerpflichtigen und gegenüber der für diesen Steuerpflichtigen zuständigen Finanzbehörde - fristgerecht erklärt und die Vorauszahlungsbeträge pünktlich entrichtet worden. Da die Erstattungsbeträge gegenüber B schon zu einem früheren Zeitpunkt festgesetzt worden waren, der B aber - im Hinblick auf eine Verrechung mit Steuerforderungen gegenüber der Klägerin - nicht ausgezahlt worden seien, wäre die künstliche Aufteilung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes mit dem Zweck des § 233a AO nicht vereinbar.
4. Das FA sehe zu Unrecht die Ausführungen in dem Schreiben vom 29.08.2000 nicht als Zahlungsanweisung zur Verrechnung der Erstattungsansprüche an. Dem stehe bereits entgegen, dass alle Beteiligten von Anfang an von einer Abtretung der Erstattungsansprüche ausgegangen seien.
So sei die Vorgehensweise abgesprochen und mit dem FA A bereits am 07.03.2000 vereinbart worden, dass B seinen gesamten Erstattungsanspruch an die Klägerin abtreten solle. Durch die getroffene Verrechnungsabrede - ohne Hinweis auf die Formerfordernisse des § 46 Abs. 3 AO - sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, dass diese Verrechnung zur Vermeidung größeren administrativen Aufwands erfolgen würde, ohne dass einem Beteiligten hierdurch Nachteile entstehen.
Da die Vorgehensweise einvernehmlich abgestimmt worden sei, sei der Hinweis des FA auf die in § 46 AO normierten Wirksamkeitserfordernisse einer Abtretung - insbesondere der Schutz- und Warnfunktion für den Abtretenden - eine nicht angezeigte Förmelei. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil der BFH in seinem Urteil vom 25.09.1990 - VII R 114/89 - (BStBl II 1991, 201) die Anzeige einer Zession auch bei Vorliegen einer unvollständigen oder fehlerhaften Abtretungsanzeige angenommen habe. Ein unvollständig und fehlerhaft ausgefülltes Formular sei nicht besser als eine klar formulierte - und mit den beteiligten Finanzbehörden abgestimmte - Zession, die nicht auf einem Formblatt vorgenommen wird.
5. Selbst bei formalistischer Betrachtungsweise erscheine der vollständige Erlass der Nachzahlungszinsen geboten.
Bei Nichtanerkennung einer früheren Abtretung habe B im Oktober 2000 einen Anspruch gegen das FA A auf Auszahlung des festgesetzten und fälligen Umsatzsteuerguthabens und der Erstattungszinsen für 1995 und 1996 in Höhe von insgesamt DM gehabt. Dieses Guthaben hätte das FA A an B zeitnah auszahlen müssen. Wäre dies erfolgt, hätte B diesen Betrag an die Klägerin und diese an das beklagte FA weitergeleitet, womit der Anfall von weiteren Nachzahlungszinsen hätte vermieden werden können. Zumindest in der - nach Auffassung des Beklagten unrechtmäßigen - Zurückbehaltung des Guthabens gegenüber B läge dann eine sachliche Unbilligkeit einer Zinsfestsetzung begründet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf die Klagebegründung (Bl. 28 bis 37 der Gerichtsakte) und ihr darin in Bezug genommenes Schreiben vom 21.01.2003 (Bl. 189 ff. des Sonderbandes Erlassvorgänge) verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2003 zu verpflichten, über die mit Bescheid vom21.03.2003 gewährten Teilerlass Zinsen zur Umsatzsteuer 1995 bis 1998 in Höhe von weiteren EUR zu erlassen; hilfsweise, für den Fall des im Unterliegens die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;.
hilfsweise, für den Fall des im Unterliegens die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf die in der Einspruchsentscheidung enthaltenen Ausführungen und weist ergänzend darauf hin, dass der von der Klägerin geltend gemachte Vertrauensschutz schon deshalb nicht greifen könne, weil die Vorschrift des § 233a AO nach der Entscheidung des BFH vom 15.03.1995 - I R 56/93 - (BStBl II 1995, 490) geändert worden sei. Das Vertrauen auf Rechtsprechungsgrundsätze zu einer in der Folgezeit wesentlich geänderten Rechtsnorm sei nicht schutzwürdig. Mit seiner Entscheidung vom 06.11.2002 - V R 75/01- (BStBl II 2003, 115) habe der BFH seine Rechtsprechung nicht geändert, sondern lediglich die zuvor erfolgte Gesetzesänderung nachvollzogen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Dem Gericht lagen ein Band Umsatzsteuerakten und ein Sonderband Erlassvorgänge vor.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin mit ihr die Verpflichtung des FA zum Erlass der Zinsen begehrt.
Sie ist jedoch insoweit begründet, als die ablehnende Entscheidung des FA nicht alle entscheidungserheblichen Umstände in die Ermessenserwägungen einbezogen hat und das FA deshalb verpflichtet ist, den Antrag neu zu bescheiden.
1. Nach § 227 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des Falles unbillig wäre. Die Entscheidung der Finanzbehörde ist eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603; BFHUrteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.). Ist die Ablehnung des Billigkeitserlasses rechtswidrig, weil die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, darf das FG in der Regel bloß die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur dann, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass bloß eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO; BFH in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297).
In keinem Fall darf es Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis selbst erlassen.
a) Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, die gemäß § 227 Abs.1 AO erlassen werden können, zählen auch Nachforderungszinsen gemäß § 233a AO (§ 37 Abs.1, § 3 Abs.3 AO).
b) Sachlich unbillig ist die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis vor allem dann, wenn sie im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, aber nach dem Zweck des zugrundeliegenden Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (vgl. BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297).
Bei der sachlichen Billigkeitsprüfung müssen grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtet bleiben, die vom gesetzlichen Tatbestand typischerweise mit sich gebracht werden. Die Billigkeitsprüfung darf nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Andererseits darf sich eine Billigkeitsprüfung nicht in Überlegungen zur richtigen Rechtsanwendung erschöpfen.
c) Für die Beurteilung des Streitfalls sind die folgenden Regelungen des § 233a AO von Bedeutung: Führt die Festsetzung der Umsatzsteuer zu einer Steuernachforderung oder Steuererstattung, ist diese zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen (§ 233a Abs. 1 Satz 2 AO). Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO); er endet mit der Fälligkeit der Steuernachforderung oder Erstattung, spätestens vier Jahre nach seinem Beginn (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO). Das Gesetz sieht also von einer unbeschränkten Vollverzinsung ab; der Zinslauf beginnt erst nach der Karenzzeit des § 233a Abs. 2 Satz 1 AO. Verspätet festgesetzte Vorauszahlungen werden nicht verzinst (§ 233a Abs. 1 Satz 2 AO). Zweck der Regelungen in § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (so die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 11/2157 S.194). Liquiditätsvorteile, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides typischerweise entstanden sind, sollen mit Hilfe der sog. Vollverzinsung ausgeglichen werden. Ob die möglichen Zinsvorteile tatsächlich gezogen worden sind, ist grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 60/04, BFH/NV 2006, 1434 m.w.N.).
d) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. z.B. Urteil in BFH/NV 2006, 1434) ist unerheblich, ob dem Fiskus ein Zinsnachteil entstanden ist und dass unter Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen bei einem Dritten insgesamt weder Zinsvorteile noch Zinsnachteile entstanden sind. Vielmehr gebietet es der Zweck der Vollverzinsung, das Vorliegen von Liquiditätsvor- und -nachteilen für jedes Steuerschuldverhältnis getrennt zu beurteilen. Daraus folgt, dass für die Beurteilung der Billigkeit allein auf die bei der Klägerin vorliegenden Verhältnisse abzustellen ist. Folge hiervon ist, dass Erstattungsansprüche eines anderen Steuerpflichtigen bei der Entscheidung über den Erlass von Zinsen nur und erst dann zu berücksichtigen sind, wenn sie dem den Erlass begehrenden Steuerpflichtigen zustehen, d.h., wenn sie sich in dessen Vermögenssphäre befinden.
2. Eine Überprüfung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen anhand dieser Grundsätze hat zur Folge, dass das FA in nicht zu beanstandender Weise den vollständigen Erlass der von der Klägerin begehrten Beträge abgelehnt hat.
a) Die Gründe, die zur Verzögerung der Abgabe der berichtigten Umsatzsteuererklärungen bei der Klägerin und zur - gegenüber den Steuerfestsetzungen der B - späteren Steuerfestsetzung und damit zum Entstehen der "überschießenden" Zinsen geführt haben, hat das FA dem Gesetzeszweck des § 233a AO entsprechend zu Recht unberücksichtigt gelassen.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Herstellung der gebotenen Einzelfallgerechtigkeit ließe eine isolierte Betrachtung der Liquiditätslage der Klägerin nicht zu, verkennt sie, dass § 233a AO nicht dazu dient, über das konkrete Steuerschuldverhältnis hinausgehende Auswirkungen bei Dritten in die Beurteilung mit einzubeziehen. Da dies dem Zweck der Vorschrift entgegensteht, kann ein derartiger Umstand nicht zur Unbilligkeit der gegenüber der Klägerin festgesetzten Zinsen führen.
b) Auch der Umstand, dass der Erstattungsanspruch aus den berichtigten Umsatzsteuererklärungen der B vom Finanzamt A weder an B ausgezahlt noch zeitnah an das beklagte FA überwiesen worden ist, gebietet nicht den Erlass der durch den unterschiedlichen Zinslauf angefallenen Zinsbeträge bei der Klägerin. Denn der Sinn und Zweck des § 233a AO erfordert gerade eine isolierte Betrachtung des einzelnen Steuerschuldverhältnisses. Dass das FA A die Erstattungsansprüche der B nicht ausgezahlt hat, ist aufgrund der gebotenen isolierten Betrachtung ebenso unerheblich wie der Vortrag der Klägerin, dass B bei zeitnaher Auszahlung der Erstattungsansprüche diese umgehend an die Klägerin oder an das beklagte FA überwiesen hätte. Denn § 233a AO sieht die Berücksichtigung eines fiktiven Sachverhalts nicht vor (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 60/04, BFH/NV 2006, 1434 m.w.N.).
c) Das FA hat in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise bei der Ermittlung der zu erlassenden Zinsbeträge die an die Klägerin abgetretenen Erstattungsansprüche erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeigen (am 10.10.2000 betr. Umsatzsteuer 1997 und 1998 und am 13.12.2000 betr. Umsatzsteuer 1995 und 1996) als freiwillige Leistungen der Klägerin berücksichtigt.
Denn erst zu diesen Zeitpunkten standen die Erstattungsansprüche der B der Klägerin tatsächlich zu und waren erst ab diesen Zeitpunkten der Vermögenssphäre der Klägerin und nicht mehr dem der B zuzurechnen.
aa) Soweit die Klägerin meint, das FA habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass das Schreiben des steuerlichen Beraters der B an das FA A eine Zahlungsanweisung enthalte, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.
Zum einen stellt es B dem FA A frei, an wen es den Erstattungsanspruch auszahlt ("Um den Zahlungsweg abzukürzen, kann der Erstattungsanspruch direkt an das für die Klägerin zuständige Finanzamt überwiesen werden"), zum anderen aber wurde - worauf das FA zu Recht hinweist - ausdrücklich die Einreichung einer im Fall einer Zahlungsanweisung nicht erforderlichen Abtretungserklärung angekündigt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die unter 3. des genannten Schreibens dargestellte Vorgehensweise nur die Jahre 1997 und 1998 betrifft, das FA aber für diese Jahre gegenüber der Klägerin alle "überschießenden" Zinsen erlassen hat.
bb) Das Gericht vermag sich auch nicht der von der Klägerin vertretenen Auffassung anzuschließen, das beklagte FA habe die zwischen allen Beteiligten mit dem FA A einvernehmlich abgestimmte Vorgehensweise - zumindest nach Treu und Glauben - als Abtretung oder Verrechungsvereinbarung berücksichtigen müssen. Denn eine wirksame und damit vom FA zu beachtende Abtretung und damit ein Übergang der Erstattungsansprüche in die Vermögenssphäre der Klägerin lag erst mit Eingang der ordnungsgemäß erstellten Abtretungsanzeige beim FA vor. Selbst wenn man das Vorliegen einer Verrechnungsvereinbarung annehmen wollte, wäre eine solche erst ab dem Zeitpunkt als freiwillige Zahlung der Klägerin zu berücksichtigen, in dem eine entsprechende Zahlung an das beklagte FA erfolgt ist.
d) Auch der von der Klägerin geltend gemachte Vertrauensschutz erfordert im Streitfall keinen Erlass. Es mag sein, dass die Klägerin im Rahmen ihrer im Jahr 2000 getroffenen Dispositionen darauf vertraut hat, dass - entsprechend den in dem BFH-Urteil vom 15. März 1995 I R 56/93, BStBl II 1995, 490) enthaltenen Ausführungen - die Grundlage für eine Festsetzung von Zinsen fehle, wenn im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Steuerschuld bereits vollständig getilgt sei. Jedoch scheitert ein Vertrauensschutz bereits daran, dass die Vorschrift des § 233a AO gerade aufgrund dieses Urteils geändert worden ist und den in der o.g. Entscheidung angeführten Grundsätzen der Boden entzogen worden ist. Das FA weist zutreffend darauf hin, dass der BFH mit seinem Urteil vom 06. November 2002 V R 75/01, BStBl II 2003, 115 seine Rechtsprechung nicht geändert hat, sondern lediglich die Rechtsfolgen einer zuvor geänderten Norm dargelegt hat.
3. Auch wenn das FA nicht verpflichtet war, die festgesetzten Zinsen antragsgemäß vollständig zu erlassen, so hat es bei seiner Entscheidung jedoch nach der Überzeugung des Senats Tatsachen unberücksichtigt gelassen, die geeignet sind, zum Erlass eines weiteren Teilbetrages zu führen.
a) Mit beim FA am 10.10.2000 eingegangener Abtretungsanzeige hatte B seine Ansprüche betr. Umsatzsteuerüberschuss 1997 und 1998 an die Klägerin abgetreten.
Obwohl mit der Abtretungsanzeige der Umsatzsteuerüberschuss für die Kalenderjahre 1997 und 1998 von der B in voller Höhe abgetreten worden war, berücksichtigte das FA die abgetretenen Beträge nur bis zur Höhe der für die Jahre 1997 und 1998 bei der Klägerin zu verzinsenden Unterschiedsbeträge und erließ insoweit die Zinsen antragsgemäß (Bl. 161 des Sonderbandes Erlassvorgänge).
Dass die übersteigenden Beträge bei der Ermittlung der zu erlassenden Zinsbeträge für 1997 und 1998 nicht mehr zu berücksichtigen waren, entspricht den Verwaltungsanweisungen und ist nicht zu beanstanden.
Die diese Unterschiedsbeträge übersteigenden abgetretenen Beträge (ohne Zinsen: DM; mit Zinsen: DM) standen jedoch ab diesem Zeitpunkt der Klägerin zu. Zwar konnten diese nicht als freiwillige Zahlungen auf die Steuerrückstände der Jahre 1997 und 1998 berücksichtigt werden, jedoch ist für den Senat kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, sie nicht als freiwillige Leistungen auf die Umsatzsteuer 1995 und bzw. 1996 zu berücksichtigen.
Denn über die durch die Abtretung in die Vermögenssphäre der Klägerin übergegangenen Beträge konnte nicht die Klägerin, sondern allein das FA verfügen und die Klägerin hatte insoweit keinen Liquiditätsvorteil.
b) Weiterhin hat das FA ungeprüft gelassen, ob im Rahmen des Erlasses als weitere "freiwillige" Leistungen nicht diejenigen Beträge zu berücksichtigen sind, die aufgrund der am 15.03.2000 vom beklagten FA gesetzten Erstattungssperre nicht an die Klägerin ausgezahlt worden sind. Die Erstattungssperre führte nach Aktenlage dazu, dass der Klägerin aufgrund der Voranmeldungen ab Mai 2000 zustehende Erstattungsbeträge (für Mai bis Oktober 2000: DM und eventuell ein dem Gericht nicht bekannter Betrag für November 2000) in der Folgezeit zunächst nicht ausgezahlt wurden. Da die Klägerin auch in Höhe der ihr zunächst nicht ausgezahlten Erstattungsbeträge keinen Liquiditätsvorteil hatte, sondern sie vielmehr gegen das beklagte FA einen Anspruch auf Auszahlung gehabt haben dürfte, wird das FA zu prüfen haben, ob nicht auch die nicht ausgezahlten Beträge als freiwillige Leistungen der Klägerin auf die Umsatzsteuer 1995 und bzw. 1996 zu berücksichtigen sind.
c) Da das FA die angeführten Umstände bei seiner Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt hat und im Übrigen dem Gericht die Höhe eines eventuell sich aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für November 2000 bestehenden Erstattungsanspruchs nicht bekannt ist, war das FA zu verpflichten, sein Ermessen unter Beachtung der obigen Rechtsausführungen erneut auszuüben.
4. Da die Klägerin mit ihrem Antrag auf Verpflichtung zum Erlass nicht durchgedrungen ist, sondern das FA lediglich zur Neubescheidung verpflichtet wurde, entsprach es der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gemäß § 136 FGO den Beteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren ergibt sich aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 der Zivilprozessordnung.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 FGO.
Ende der Entscheidung
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